Datatrans fragt nach: Strukturwandel in der Konsumgüterindustrie.
Wir haben den Studienautor Prof. Ralf Wölfle, der zurzeit Mitten in den Arbeiten zum E-Commerce Report 2020 steckt, getroffen, und zum "Strukturwandel in der Konsumgüterindustrie" befragt.
Die Studienreihe «E-Commerce-Report» untersucht einmal jährlich, wie sich der E-Commerce in der Schweiz entwickelt – als einzige qualitative Schweizer Studie aus Sicht der Anbieter.
Datatrans: Überall ist vom Strukturwandel die Rede, den die Digitalisierung mit sich bringt. Was ist damit konkret gemeint, zum Beispiel für die Konsumgüterindustrie?
Prof. Wölfle: Die Konsumgüterindustrie durchläuft einen tiefgreifenden Strukturwandel: Bis etwa zum Jahr 2000 erfolgte der Verkauf von Konsumgütern fast ausschliesslich in einer linearen Kette vom Hersteller an den Grosshandel, von diesem an den Einzelhandel und schliesslich an den Konsumenten. Seither haben sich drei wesentliche Strukturmerkmale geändert:
Erstens haben sowohl Marken als auch Grosshändler heute die Möglichkeit, direkt mit ihren Endkunden zu interagieren. Marken kommunizieren direkt, schaffen authentische Markenerlebnisse, erbringen gewisse Leistungen selbst und bieten immer öfter ihr komplettes Angebot über Markenshops an – unter Umgehung des Handels.
Zweitens trifft es heute nicht mehr zu, dass die Distribution linear erfolgt. Wir müssen uns das vielmehr vernetzt vorstellen: Zunehmend handelt jeder mit jedem, auch grenzüberschreitend. Alle nutzen die Opportunitäten, die sie sich erschliessen können. Für Marken ist das ein Problem und hat zu der grossen Vielfalt und Bandbreite bei den Artikelpreisen beigetragen.
Und Drittens – für die Kunden am deutlichsten – haben sich zwei neue Rollen etabliert: Onlinemarktplätze und Kundenzugangs-Dienstleister wie Suchmaschinen und Social Media. Sie sind an der Wertschöpfung rund um das Produkt gar nicht beteiligt und fokussieren ganz auf die Vermittlung. Ihre Dienste sind für das Handy optimiert. So sind sie sehr nah beim Kunden und sehr oft erste Anlaufstelle, wenn diese zu einem Bedarf keinen festen Anbieter im Kopf haben. Diesen Kontakt zu kaufbereiten Kunden verkaufen sie an traditionelle Anbieter. Die haben in solchen Situationen den direkten Zugang zu ihren Kunden verloren.
Ausführlich wird dieses Thema und die Auswirkungen auf den Online Handel im Kapitel 3 des E-Commerce Report Schweiz 2019 behandelt.
Der Schwerpunkt der Studienreihe ist die Entwicklung von Geschäftskonzepten für Produkt- und Dienstleistungsverkäufe an private Konsumenten in einer vernetzten Angebotswelt.
Download: E-Commerce Report 2019
Prof. Ralf Wölfle
Leiter Kompetenzschwerpunkt E-Business an der FHNW
«Im E-Commerce wird der Wettbewerb auf vielen Ebenen ausgetragen. Das Potenzial für Innovation ist weiterhin gross. Beispielhaft zeigen das Seamless Payment Lösungen, bei denen Schweizer Anbieter vorne mit dabei sind.»