«Ein kerngesundes Unternehmen übergeben zu können, ist ein schönes Gefühl.»

Datatrans
Datatrans AG – «Ein kerngesundes Unternehmen übergeben zu können, ist ein schönes Gefühl.»

Die Datatrans Geschäftsleitung zieht sich nach fast 20 Jahren aus dem operativen Geschäft zurück und macht Platz für eine neue Generation.

Nach fast 20 überaus erfolgreichen Geschäftsjahren steht der Datatrans AG nicht nur ein Führungswechsel, sondern ein Abtausch zweier Generationen bevor: Der 36jährige Thomas Willenborg folgt Hanspeter Maurer als neuer CEO und übernimmt mit Daniel Ellersiek (COO) und Oliver Heister (CTO) ab 1. Oktober 2020 die Datatrans Geschäftsleitung. Hanspeter Maurer und Thomas Willenborg im Gespräch über Generationsunterschiede, neue Führungsstile und darüber, wie wir in 20 Jahren bezahlen.

Hanspeter, du hast Datatrans 19 Jahre mit aufgebaut und geleitet. Nun ziehst du dich mit deinen Mitgründern Bettina Reimers und Urs Kisling in den Verwaltungsrat zurück und gestaltest hinter den Kulissen mit. Was wird sich für Kunden und Partner ändern?

Hanspeter Maurer: Nicht viel. Thomas, Daniel und Oliver wirken seit zwei Jahren in der erweiterten Geschäftsleitung mit und sind bereits bei vielen bekannt. Künftig wollen wir der jüngeren Generation noch mehr Gestaltungsfreiraum lassen. Gleichzeitig bleiben wir als Verwaltungsräte an strategischen Aufgaben dran, um ihnen im Hintergrund die nötige Unterstützung zu geben. Auch unsere Datatrans Co-Founder Massimo Della Calce und Urs Kipfer bleiben im operativen Geschäft weiter in ihren Rollen als Customer Support und Senior Advisor. Wichtig für unsere Kunden: An unseren Werten ändert sich nichts. Darauf können sie vertrauen. 

Wie schafft man Vertrauen in eurem schnelllebigen digitalen Business?

Hanspeter Maurer: Indem man kompetent auftritt und regelmässig relevante Themen platziert. Indem man Kunden auf Prozesse aufmerksam macht, die noch nicht optimal laufen. Indem man ihnen sagt, von welchen Entwicklungen sie jetzt profitieren können. Indem man ihnen zeigt, dass man in ihrem Interesse handelt. Vertrauen wächst auf verschiedenen Ebenen und jeder Mitarbeitende muss dafür Sorge tragen. Deshalb möchten wir unsere persönlichen Kundenbeziehungen in Zukunft noch mehr ausbauen.  

Alles wird digitaler und ihr werdet persönlicher. Ist das kein Widerspruch?

Hanspeter Maurer: Im Gegenteil. Der Aufbau tragender Kundenbeziehungen ist wichtiger denn je. Unsere Kunden schätzen es sehr, dass wir sie mit grosser Hingabe bei ihren Zukunftsplänen begleiten. Auch für sie wird es anspruchsvoller. Sie müssen drauf vertrauen können, dass wir nicht nur heute, sondern auch morgen die richtige Lösung für ihre Probleme haben. Das geht nicht ohne den engen persönlichen Kontakt.

«Die neue Geschäftsleitung sind alle Digital Natives. Sie haben die Art und Weise, wie wir Geschäfte führen in ihrer DNA.»

Ein Unternehmen von Grund auf aufzubauen, erfolgreich wachsen zu sehen und dann die Kontrolle an eine neue Generation zu übergeben – wie fühlt sich das an?

Hanspeter Maurer: Es ist natürlich mit etwas Wehmut verbunden. Aber ich fühle mich nach fast zwanzig Jahren nicht mehr als die richtige Person an der Spitze. Die neue Generation sind alle Digital Natives. Sie sind tief im Thema drin und haben die Art und Weise, wie wir Geschäfte führen in ihrer DNA. Sie haben unser vollstes Vertrauen. Insofern ist der Führungswechsel auch eine grosse Entlastung für mich, Bettina und Urs. Nach 19 Jahren ein kerngesundes Unternehmen übergeben zu können, ist aber sicher ein schönes Gefühl.

Thomas, am 1. Oktober 2020 wirst du die Geschäftsführung von Hanspeter Maurer übernehmen. Wie gross sind die Fussstapfen, in du trittst?

Thomas Willenborg: Die Fussstapfen von Hanspeter sind enorm. Er ist ein unglaublich charismatischer Typ und über die letzten Jahre ein grosser Mentor für mich geworden. In solche Fussstapfen kann man nicht einfach reintreten. Jetzt gilt es erstmal meine eigenen Spuren zu formen und gleichzeitig zusammen mit Oliver und Daniel das Unternehmen im Sinne und Geist der Gründer weiterzuführen. Es ist, als adoptierten wir ein Kind, das volljährig ist. Das Werte vermittelt bekommen hat. Es steht auf eigenen Beinen. Wir müssen es nicht mehr aufbauen, sondern vor allem coachen und die nächsten Schritte klug planen. 

«Unser Erfolg der letzten Jahre war ein Gemeinschaftswerk.»

Datatrans hat jedes Jahr mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen. 2019 war sogar euer umsatzstärkstes Jahr seit Firmengründung. Wie wird die neue Geschäftsleitung mit dem Tempo der vergangen Jahre Schritt halten können?

Hanspeter Maurer: Die neue Geschäftsleitung hat das Tempo deutlich mitgeprägt. Unser Erfolg der letzten Jahre war ein Gemeinschaftswerk. Wir sagen schon lange nicht mehr allein wo es langgeht. Wollen wir auch gar nicht. Die Anregungen sollen aus allen Bereichen kommen.

Wie hört man die Anregungen von mittlerweile 50 Mitarbeitenden?

Thomas Willenborg: Sicher nicht mehr so leicht wie am Anfang, doch bei uns werden immer noch alle Ideen aufgenommen und diskutiert. Entscheiden können wir frei, da wir nach wie vor keine externen Investoren haben. Was alle Mitarbeitenden verbindet, ist ein unglaublicher Servicegedanke und der Wille, etwas zu bewegen. Auch die Mentalität immer zu schauen, dass es dem Kunden gutgeht, hat Datatrans nachhaltig geprägt.

Wie haben deine Kollegen auf den Führungswechsel reagiert?

Thomas Willenborg: Darüber habe ich mir im Vorfeld die meisten Sorgen gemacht, schliesslich sind viele Mitarbeitende mittlerweile enge Freunde von mir. Doch ich hätte mir keine bessere Reaktion vorstellen können. Sie haben mich unterstützt und gesagt: Schön, dass du es bist! Klar gab’s beim Apéro auch ein paar Sprüche. Aber genau diese direkte Art wünsche ich mir von meinen Leuten: Keine Hemmungen, sondern ein Kommunizieren auf Augenhöhe.

«Wer Führung übernehmen will, muss heute vor allem ein Teamplayer sein.»

Traditionelle Führungsmodelle werden immer mehr in Frage gestellt. Wie sieht für euch das Management der Zukunft aus?

Thomas Willenborg: Gutes Management beinhaltet die Möglichkeit zu wachsen. Wenn ich als Chef nicht selbst an Herausforderungen reifen kann, bin ich kein gutes Vorbild für mein Team. Ansonsten sehe ich es als meinen Job, den Mitarbeitenden alle Steine aus dem Weg zu räumen, damit sie ihre Arbeit gut machen können. Eigentlich bin ich ihr Mitarbeitender. Nicht anders herum.

Hanspeter Maurer: Ich glaube an den kooperativen Führungsstil. Bei dem jeder Mitarbeiter die Verantwortung erhält, die seinem Wesen und seinen Fähigkeiten entspricht. Bei dem sich jeder mit voller Begeisterung einbringen kann und am Unternehmenserfolg partizipiert. Führung ist ein Gemeinschaftswerk. Der Chef befiehlt nicht sondern begleitet, koordiniert, unterstützt und motiviert. Wer Führung übernehmen will, muss heute vor allem ein Teamplayer sein.

Ist dein Nachfolger Thomas Willenborg ein solcher Teamplayer?

Hanspeter Maurer: Absolut. Thomas hat keine Berührungsängste. Er geht mit einer offenen und fröhlichen Art auf die Leute zu. Man fühlt sich einfach wohl in seiner Umgebung. Probleme legt er direkt auf den Tisch und klärt sie, damit alle vorangehen können. Ausserdem hat er eine enorme unternehmerische Denkweise und grosse Leidenschaft für das, was er tut. Das braucht’s einfach an der Spitze. Ich könnte mir keinen besseren Nachfolger vorstellen.

Wie ergänzen Daniel Ellersiek und Oliver Heister das Führungsteam?

Hanspeter Maurer: Oliver hat ein immenses technisches Know-how und ist sehr gewissenhaft. Daniel ist mit seiner sorgfältigen strukturierten Art der Ausgleichende. Alle drei haben einen unglaublichen Drive und ergänzen sich perfekt. Wollen Sachen bewegen. Es ist toll zu sehen, wie selbstverständlich und spielerisch sie mit technischen Themen umgehen. In diesem Bereich sind sie uns bereits meilenweit voraus. 

«Wir waren immer dann am Kreativsten, wenn wir den Atem der Wettbewerber im Nacken gespürt haben.»

Was habt ihr noch von der jungen Generation gelernt?

Hanspeter Maurer: Sie haben uns gelehrt, unruhig zu bleiben. Bloss nicht zu sagen: «jetzt haben wir’s geschafft». Und tatsächlich waren wir immer dann am Kreativsten, wenn wir den Atem der Wettbewerber im Nacken gespürt haben. Immer wenn wir wussten, jetzt müssen wir uns bewegen, hatten wir die grössten Ideen. Die Jungen haben uns oft gepusht: «Lasst uns entscheiden, sonst sind wir blockiert». Das hat der Entwicklung von Datatrans gutgetan.

Das klingt sehr harmonisch. Aber Hand aufs Herz: Wer sich zu sechst Führungsaufgaben teilt, kann nicht immer einer Meinung sein. Wie werden bei Datatrans Konflikte gehört, gemanagt und gelöst?

Hanspeter Maurer: Man muss eine Atmosphäre schaffen, in der sich die Leute wohlfühlen, wenn sie Kritik frei äussern. In der sie ihre Meinung sagen, weil sie überzeugt sind, sie wird gehört und es wird darauf Rücksicht genommen.

In der Theorie sehr vorbildlich. Wie setzt man das im Arbeitsalltag um?

Hanspeter Maurer: Indem man nicht mit einer festgefahrenen Meinung in ein Gespräch kommt, sondern dankbar für die Sichtweisen anderer bleibt. Hat jemand eine bessere Idee, sagen wir: «Zum Glück hast du daran gedacht. Jetzt sind wir einen Schritt weiter». In Meetings lassen wir immer auch Gedanken zu, die gerade nicht zum Thema passen. Schon oft haben sie uns auf neue Lösungswege gebracht, an die vorher niemand gedacht hätte. Zu viel Harmonie ist aber auch nicht zielführend: Wenn alle die gleiche Meinung haben, vertagen wir ein Meeting und greifen das Thema erst wieder auf, wenn sich jeder ausreichend damit auseinandergesetzt hat.

Thomas Willenborg: Solange man sich auf Augenhöhe begegnet, kann man wunderbar miteinander diskutieren. Auch wenn man unterschiedlicher Meinung ist.

Vor 20 Jahren war Datatrans unter den ersten, die Zahlungen im Internet überhaupt möglich machten. Wie werden wir in 20 Jahren bezahlen? Wie lange wird es noch Kreditkarten, Zahlformulare und Payment Service Provider brauchen?

Hanspeter Maurer: Ich denke, es wird weiter in Richtung biometrische Bezahlverfahren gehen. Man zahlt nicht mehr mit einem Device, sondern mit sich als Person. Wie man dabei sicherstellt, dass persönliche Daten vertraulich bleiben, wird die grösste Herausforderung der nächsten Jahre sein. Aber rein technisch ist alles möglich.

«In der Form, wie es uns heute gibt, wird es uns in 20 Jahren nicht mehr brauchen.»

Thomas Willenborg: Es ist klar, dass die heutige Technologie in 20 Jahren nicht mehr eingesetzt wird. Wenn dann wird der Faktor Mensch mit seinen Gewohnheiten und Glaubenssätzen den Fortschritt etwas bremsen. Ganz selbstverständlich aus dem Laden zu laufen, ohne überhaupt zu bezahlen, weil alles längst im Hintergrund passiert ist, braucht mehr als nur ein Umdenken. So lange sich Menschen nicht sicher fühlen, wenn sie kontaktlos oder mit nur einem Klick bezahlen, hilft Technologie alleine nicht weiter. Bei Datatrans werden wir diese Hürden so klein wie möglich halten und die Zahlungsprozesse der Zukunft so optimieren, dass sie sich für den Menschen sicher und einfach anfühlen. Daher behaupte ich, dass es uns in der Form, wie es uns heute gibt in 20 Jahren nicht mehr braucht.

Wie seht ihr die Zukunft neuer Bezahlmöglichkeiten, wie Wallets, IoT oder Krypto-Währungen?

Thomas Willenborg: Wallets haben uns nicht erst seit Corona das Leben erleichtert. Wer aufgeschlossen ist, den werden neue Zahlungstrends sehr bereichern. Zum Glück ist unser Heimatmarkt Schweiz ausgesprochen offen für diese Themen.

Was braucht es in Zukunft sonst noch für Kompetenzen und Fähigkeiten in eurer Branche?

Thomas Willenborg: Vertrauen und Beständigkeit. Beständigkeit, weil der Markt und die Welt immer mehr in Bewegung sind. Täglich spriessen neue Unternehmen mit neuen Versprechen aus dem Boden. Einige verschwinden wieder, weil sie ihre Worte nicht halten konnten. Andere konsolidieren sich und werden träge. Es braucht einen sicheren Hafen, den ich ansteuern und drauf vertrauen kann, dass ich die erwarteten Leistungen bekomme. Deshalb haben wir in den letzten Jahren keine grossen Kunden verloren: Weil wir ihnen keinen Grund gegeben haben, diesen Hafen zu verlassen.

«Keiner hat bessere Argumente als die Kunden, die uns schon seit Jahren vertrauen.»

Und wie überzeugt ihr Neukunden von euch?

Hanspeter Maurer: Keiner hat bessere Argumente als die Kunden, die uns schon seit Jahren vertrauen. Deshalb sage ich zu potenziellen Kunden oft: Suchen Sie sich auf unserer Website einen Referenzkunden aus und ich gebe Ihnen Namen und Telefonnummer einer Ansprechperson, die sie dann gern selbst befragen dürfen.

Wie weit wollt und könnt ihr in den nächsten Jahren noch wachsen?

Thomas Willenborg: Wir waren nie das klassische Start-up, das nach dem Motto «höher, schneller, weiter» agiert. Wir haben uns Schritt für Schritt entwickelt und uns auf den Erfolg unserer Kunden ausgerichtet. Langfristigkeit wurde bei Datatrans schon immer gelebt. Wir begleiten unsere Kunden nicht nur zu Beginn, sondern ein Leben lang. Diese Form des Wachstums möchten wir weitertragen.

Thomas, wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du verändern wollen?

Thomas Willenborg: Kürzere Entscheidungswege und eine bessere Fehlerkultur. «Nur wer den Mut hat, innerhalb eines gewissen Frameworks Dinge auszuprobieren und kontrolliert Fehler zu machen, ist innovativ.»

Wie macht man Fehler in eurem Business, ohne das es schwerwiegende Folgen hat?

Thomas Willenborg: Die Kultur unseres Geschäfts baut auf Vertrauen und Zuverlässigkeit auf. Daher wird die Sicherheit unserer Kunden immer an erster Stelle stehen. Doch nur wer den Mut hat, innerhalb eines gewissen Frameworks Dinge auszuprobieren und kontrolliert Fehler zu machen, ist innovativ. Facebook hatte das Motto: «Move fast and break things». Es ist zum Mantra vieler Start-ups geworden. «Break things» würde in unserem Business das Aus bedeuten. Deshalb haben wir den Satz in «Move fast and innovate – without breaking things» übersetzt und bewiesen, dass es funktioniert: Wir haben 2006 als Early Bird eine Tokenisierungslösung eingeführt und gehören jetzt zu den ersten Unternehmen weltweit, die sich den neuen Scheme-Themen annehmen. Und dass, obwohl wir schon immer sehr vorsichtig waren. Der Grundstein für unser Motto ist gelegt.

Danke für das Gespräch.